02. Januar 2023

Digitales Onboarding

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Der Begriff Onboarding steht in der Personalarbeit für die Phase, in der Beschäftigte neu in ein Unternehmen kommen. In der Regel ist diese besondere Zeit von vielen persönlichen Begegnungen geprägt, um bei den Neulingen möglichst schnell Bindung zum Unternehmen und zu anderen Teammitgliedern zu erzeugen. Doch im Zuge der Corona-Pandemie haben viele Unternehmen auf Digitales Onboarding gesetzt. Während der Lockdowns berichteten viele Führungskräfte, ihre neuen Teammitglieder über Wochen oder gar Monate nicht gesehen zu haben. Die ein oder andere Führungskraft dürfte heute noch verzweifelt versuchen, das Team physisch zusammenzubringen. Es hat doch alles super funktioniert, oder etwa nicht?  

Wo steht das digitale Onboarding knapp drei Jahre nach der ersten Corona-Welle? Im Zuge einer Recherche für die zweite Auflage unseres Buchs „Onboarding“ (Moser, Soucek, Galais & Roth, 2018) hatte ich die Gelegenheit, mit HR-Verantwortlichen in verschiedenen Unternehmen zu sprechen. Ich wollte wissen, wie hoch der digitale Anteil im Onboarding heute ist, welche Erfahrungen gemacht wurden und wie die Zukunft des Onboarding gesehen wird.  

Erfolg stellt sich dann ein, wenn neue Mitarbeiter zügig ihre Kompetenzen und Fähigkeiten gewinnbringend einsetzen können, die Werte und die Kultur des Unternehmens kennengelernt haben und sich als vollwertiges Mitglied der Organisation identifizieren.

Die persönliche Begegnung ist ein Schlüssel zum Onboarding-Erfolg 

Das Homanssche Gesetz, benannt nach dem amerikanischen Soziologen George Caspar Homans, besagt, dass Sympathie und Vertrauen zwischen Menschen mit der Anzahl der persönlichen Begegnungen steigt. Insbesondere zu Beginn einer Beziehung spielt der persönliche Kontakt eine große Rolle, nicht nur in der Partnerschaft, sondern eben auch in der organisationalen Sozialisation. Doch nicht nur der persönliche Kontakt ist wichtig – nach Klein und Heuser (2008) ist der Onboardingerfolg vor allem davon abhängig, dass neue Organisationsmitglieder auf drei Ebenen ins Unternehmen integriert werden.

Im Fokus stehen möglichst umfassende Informationen über alles Relevante rund um den neuen Job, gezielte Aktivitäten, um neue Beschäftigte Willkommen zu heißen und ihnen während des Onboardings und darüber hinaus eine Begleitperson (Mentor, Buddy, Coach) an die Seite zu stellen. Erfolg stellt sich dann ein, wenn neue Mitarbeiter zügig ihre Kompetenzen und Fähigkeiten gewinnbringend einsetzen können, die Werte und die Kultur des Unternehmens kennengelernt haben und sich als vollwertiges Mitglied der Organisation identifizieren.  

Ausgewogenheit zwischen virtuellen und analogen Angeboten 

Ob bewusst oder unbewusst, viele HR-Verantwortliche folgen dieser Formel bereits und setzen dort digitale Tools ein, wo die Vermittlung von Wissen und Kompetenzen im Vordergrund steht, etwa in Form von e-Learnings, Foren oder Unternehmenswikis. Aber die Begleitung neuer Teammitglieder erfolgt in der Regel über „echte“ menschliche Kontakte, durch Mentoren oder Buddies, die sich in den ersten Monaten um die Neulinge „kümmern“. Im Vormarsch ist eine gewisse Balance zwischen virtuellen und analogen Formaten, wenn es darum geht, neue Beschäftigte Willkommen zu heißen. Hier setzen viele (größere) Unternehmen auf rein digitale „Welcome-Days“: Da geht es zum einen darum, möglichst viele Personen gleichzeitig zu erreichen und zweitens auch allen dezentralen oder auch international beschäftigten Personen eine gleichberechtigte Möglichkeit zu geben, dabei zu sein. Im zweiten Teil des Willkommenspakets stehen jedoch die lokalen Teams und Abteilungen, die möglichst echte Begegnungen organisieren sollten, um die Integration der neuen Teammitglieder zu erleichtern.

Die Forschung zum virtuellen Arbeiten zeigt eindeutig, dass persönliche Begegnungen in der Onboardingphase nicht nur die Wechselbereitschaft der Neuankömmlinge dämpfen, sondern auch die Produktivität der neuen und bestehenden Mitarbeiter positiv beeinflussen. Mein Credo – Digitales Onboarding ja – aber mit Maß und Ziel. Menschen sind soziale Wesen und brauchen den persönlichen Kontakt, um sich in einem neuen Umfeld zu orientieren. 

Quellen:

Klein, H. J. & Heuser, A. (2008). The learning of socialization content: A framework for researching orientating practices. Research in Personnel and Human Resources Management, 27, 278–336. 

Moser, K., Soucek, R., Galais. N. & Roth, C. (2018). Onboarding – Neue Mitarbeiter integrieren. Hogrefe: Göttingen.