16. Juni 2025

Growth Mindset fördern #wirpackenesan

Smartes Feedback für wachstumsorientiertes Denken

Mit klugem Feedback Growth Mindset fördern  

Was genau ist ein Growth Mindset?

Der Begriff Growth Mindset begegnete mir zum ersten Mal 2019 – damals befand ich mich mitten im Psychologiestudium und war auf der Suche nach einem Thema für meine Bachelorarbeit. Ich durchforstete Literatur zu Motivation, Selbstkonzept und Lernen, als ich auf die Arbeiten von Carol Dweck stieß.  
Das Konzept, dass unsere Überzeugungen über die eigenen Fähigkeiten beeinflussen, wie wir mit Fehlern und Herausforderungen umgehen, faszinierte mich – nicht nur auf wissenschaftlicher Ebene, sondern auch persönlich. Ich begann mich zu fragen, wie oft in meinem Leben ich wohl Herausforderungen aus dem Weg gegangen bin, weil ich meine Fähigkeiten als festgelegt ansah.  

In den letzten Jahren begegnete mir der Begriff immer wieder im beruflichen Kontext – besonders in Diskussionen rund um Lernkultur, Führung und Entwicklung in Unternehmen. Dabei habe ich zunehmend das Gefühl, dass Growth Mindset zum Buzzword geworden ist. In Gesprächen höre ich Sätze wie „Unsere Beschäftigten brauchen ein Growth Mindset“. Schön und gut – aber was bedeutet das eigentlich genau? Woher stammt der Begriff? Und vor allem: Wie lässt sich ein Growth Mindset gezielt fördern – insbesondere durch Feedback? 

Growth Mindset: Woher kommt der Begriff? 

Die Begriffe Growth Mindset und Fixed Mindset gehen auf die amerikanische Psychologin Carol Dweck zurück. In ihrer Forschung untersuchte sie, wie Kinder auf Misserfolge reagieren. Dabei zeigte sich, dass Kinder nach einem Misserfolg unterschiedliche Reaktionen zeigten – manche Kinder gaben schnell auf, zeigten negative Emotionen und wirkten hilflos. Andere hingegen ließen sich nicht entmutigen, gaben sich selbst Hinweise zur Verbesserung, suchten neue Strategien und machten weiter. Es schien als sahen diese den Misserfolg sogar als Ansporn. 

Aus langjähriger Forschung leitete Dweck ab, dass Menschen sich darin unterscheiden, wie sie über ihre eigenen Fähigkeiten denken. Genauer gesagt, ob sie ihre eigenen Fähigkeiten als veränderbar oder stabil wahrnehmen.  

  • Bei einem Fixed Mindset gehe ich davon aus, dass meine eigenen Fähigkeiten festgelegt, also stabil sind. Zum Beispiel: „Der Umgang mit Zahlen liegt mir nicht“, „Ich bin einfach nicht kreativ“ 
    Diese Haltung geht mit der Annahme einher, dass Begabungen weitgehend angeboren und unveränderbar sind. Misserfolge werden dann leicht als Beweis für fehlendes Talent gedeutet – was dazu führen kann, dass Herausforderungen vermieden, eher leichtere Aufgaben gewählt und Lernchancen nicht genutzt werden. 
  • Growth Mindset beschreibt die Überzeugung, dass Fähigkeiten veränderbar sind und sich durch Anstrengung, Lernen und neue Strategien weiterentwickeln lassen. Zum Beispiel: „Manchmal tue ich mir schwer mit Zahlen, aber ich merke, dass ich durch Übung Fortschritte mache.“ 
    Bei einer dynamischen Sichtweise auf die eigenen Fähigkeiten werden Fehler als Teil des Lernprozesses gesehen. Menschen mit dieser Überzeugung bleiben bei Herausforderungen häufiger am Ball. Ein Misserfolg wird nicht als Zeichen fehlender Begabung gewertet, sondern als Hinweis, dass noch nicht genug geübt wurde oder nicht die passende Strategie gewählt wurde. Herausforderungen werden demnach als Chance gesehen, zu Lernen und die eigenen Fähigkeiten zu entwickeln 

 Growth Mindset vs. Fixed Mindset 

Mythen rund ums Growth Mindset 

Trotz der klaren theoretischen Grundlage gibt es rund um den Begriff einige Missverständnisse: 

  1. „Entweder hat jemand ein Growth Mindset oder ein Fixed Mindset – dazwischen gibt es nichts.“ 
    Tatsächlich ist das Mindset nicht binär – es ist ein Kontinuum und kann sich über Zeit und Erfahrungen verändern. 
  1. „Das eigene Mindset ist in allen Bereichen gleich.“ 
    Implizite Annahmen, die wir über unsere Fähigkeiten treffen, können bereichsspezifisch sein. Eine Person kann z. B. im Bereich technische Fähigkeiten ein Growth Mindset haben, im Bereich Sprache aber eher ein Fixed Mindset zeigen. 
  1. „Mit einem Growth Mindset kann ich in allem Profi werden.“ 
    Ein Growth Mindset bedeutet nicht, dass man automatisch in allem überdurchschnittlich gut wird. Es geht vielmehr um die Überzeugung, sich in den eigenen Fähigkeiten entwickeln und stetig wachsen zu können. Ein Growth Mindset ist keine Garantie für Erfolg, aber es erhöht die Wahrscheinlichkeit, Fortschritte zu machen. 
  1. „Man muss nur seine Einstellung ändern – dann hat man ein Growth Mindset.“ 
    So einfach ist es nicht. Unser Mindset wird durch frühere Erfahrungen, Rückmeldungen und Erfolgsmuster geprägt. Annahmen lassen sich nicht von jetzt auf gleich ändern, es braucht Zeit, Reflexion, Ausprobieren – und oft gezielte Unterstützung, z. B. durch förderliches Feedback. 

Und was hat Growth Mindset mit Feedback zu tun? 

In Beiträgen finden sich viele Tipps zur Förderung eines Growth Mindsets – meist auf individueller Ebene, um das eigene Mindset zu reflektieren oder auf Teamebene mit der Frage wie eine Lernkultur innerhalb des Teams geschaffen werden kann. Feedback wird dabei häufig nur am Rande erwähnt, etwa mit dem Hinweis, dass es das Lernen aus Fehlern unterstützen sollte. Dabei ist Feedback ist eine der wichtigsten Ressourcen für Lernen und persönliche Entwicklung und kann, gezielt eingesetzt, die Entwicklung eines Growth Mindsets unterstützen.  

Drei Tipps zur Förderung eines Growth Mindset 

Prozessbezogenes statt fähigkeitsbezogenes Feedback 

Die Unterscheidung zwischen fähigkeits- und prozessbezogenem Feedback klingt simpel – ist aber dennoch entscheidend. Feedback, das sich auf vermeintliche Talente oder Defizite bezieht („Du bist ein Naturtalent“ / „Dafür bist du einfach nicht gemacht“), kann die Annahme verstärken, dass Fähigkeiten festgelegt sind. Um ein Growth Mindset zu fördern, sollte Feedback stattdessen den Fokus auf den Prozess, die Anstrengung und die angewandten Strategien legen: 
 
Fähigkeitsbezogen: „Du bist einfach richtig gut im Bereich Design. Du hast ein Talent darin, genau das passende für die Kunden zu kreieren.“ 
 Prozessbezogen: „Ich habe gesehen, wie intensiv du dich mit den Anforderungen auseinandergesetzt hast. Nach dem zunächst kritischen Feedback hast du nicht aufgegeben, sondern mehrere Ideen ausprobiert, bis du zum passenden Ergebnis gekommen bist.“ 

Gerade auch beim positiven Feedback ist Vorsicht geboten: Regelmäßig zu hören, „Du bist so talentiert“, legt nahe, dass die eigenen Fähigkeiten festgelegt sind. Rückmeldungen, die die Anstrengung und Strategie betonen, verdeutlichen hingegegen, dass Fähigkeiten entwickelt werden können. 

Spezifisches statt allgemeines Feedback 

Je konkreter die Rückmeldung, desto wirkungsvoller ist Feedback als Lernimpuls. Allgemeine Aussagen wie „Gut gemacht“ sind nett gemeint, aber wenig hilfreich für die Entwicklung und die Förderung eines Growth Mindset.  
 
Allgemein: „Dein Projektmanagement im vergangenen Jahr war wirklich super.“ 
Spezifisch: „Ich habe wahrgenommen, dass du den Projektverlauf systematisch geplant und deine Ressourcen strategisch eingesetzt hast. Es hat mich beeindruckt, wie flexibel du auf unvorhergesehene Herausforderungen reagiert und deine Vorgehensweise schnell angepasst hast.“ 

Spezifisches Feedback zeigt nicht nur, dass etwas gut war, sondern auch was genau und warum. Der Feedback-Empfänger kann Feedback dadurch als konkrete Anleitung nutzen, um Stärken weiter auszubauen und an Schwächen zu arbeiten. Spezifisches Feedback bietet Anregung, das eigene Vorgehen zu reflektieren und darauf basierend zu verbessern – ein wichtiger Baustein für die Entwicklung eines Growth Mindset. 

Fehler als Lernchance formulieren 

Bei einem Fixed Mindset werden Fehler oft als Bestätigung mangelnder Fähigkeiten gesehen. Bin ich der Überzeugung, dass Fähigkeiten veränderbar sind, werden Fehler hingegen zum natürlichen Teil von Lernprozessen. Entscheidend ist dabei, wie Fehler im Feedback formuliert werden – Fehler als Chance oder Fehler als Mangel.  
 
Fehler als Mangel: „Das hätte nicht passieren dürfen. Beim nächsten Mal müssen wir besser aufpassen.“  
Fehler als Chance: „Der Fehler zeigt, dass unser Prozess noch nicht ganz optimal ist. Was wäre ein sinnvoller erster Schritt, um das zu verbessern?“ 

Ein positiver Umgang mit Fehlern ermutigt dazu, Risiken einzugehen, Neues auszuprobieren und nicht beim ersten Rückschlag aufzugeben. 

Literatur zum Growth Mindset

Dweck, C. S., & Leggett, E. L. (1988). A social-cognitive approach to motivation and personality. Psychological Review, 95(2), 256–273.

Dweck, C. S., Chiu, C., & Hong, Y. (1995). Implicit theories and their role in judgments and reactions: A world from two perspectives. Psychological Inquiry, 6(4), 267–285. 

Dweck, C. S. (1999). Self-theories: their role in motivation, personality, and development. Philadelphia: Psychology Press.  

Dweck, C. S. (2006). Mindset: The new psychology of success. New York: Ballantine. 

Nussbaum, A. D., & Dweck, C. S. (2008). Defensiveness versus remediation: Self-theories and modes of self-esteem maintenance. Personality and Social Psychology Bulletin, 34(5), 599–612.